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Heute will ich Euch von der Blauen Kuh aus Kandau (lett.: Kandava),
einer Stadt in Kurland erzählen, der ich letzten Sommer begegnet bin.
Wie sie heißt, weiß ich nicht – aber sie hat ganz bestimmt einen Namen,
weil lettische Kühe immer einen Namen tragen. Aber meine Kuh ist
darüberhinaus eine ganz besondere Kuh – und zwar eine blaue Kuh!
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Kein Scherz: Kühe dieser Rasse tragen tatsächlich ein blaues Fell !!!
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Die Lettische Blaue Kuh ist eine sehr seltene Rasse, die vor kurzem
sogar noch vom Aussterben bedroht war. Im lettischen Zuchtbuch
kann man heute wieder 89 Kühe dieser Sorte finden. Vor zehn Jahren
unterstützte die UNO die Erhaltung der Rasse, und seitdem beginnt
die Zahl der Blauen Kühe langsam wieder zu wachsen.
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Unsere Wissenschafler denken, daß die Rasse aus Kurland stammt.
Das ist der Zipfel Lettlands, der im Westen weit in die Ostsee ragt.
Hier gehörten sie den letzten Nachfahren der Liven, eines kleinen
finno-ugrischen Volkes. Die finnischen Völker hatte eigene Rassen
an Haustieren, die sich von denen der Europäer klar unterschieden.
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In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts lebten Blaue Kühe auch
im lettischen Teil Livlands (Vidzeme), in der Umgebung von Wenden
(lett.: Cesis) und Wolmar (lett.: Valmiera). Auch hier siedelten früher
Liven, die inzwischen ganz mit den Letten verschmolzen sind.
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Die Blaue Kuh ist ein genügsames Tier, braucht nicht viel Futter –
für sie reichen die Pflanzen, die wild am Ostseestrand wachsen –
und übersteht selbst schlechtestes Wetter ohne jedes Problem.
Sogar im Winter kann man sie im Freien halten: Sie bleibt gesund !
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In der sowjetischen Zeit waren diese Tiere fast ausgestorben.
Die landwirtschaftlichen Großbetriebe sollten in ihrer „Leistung“
„ergiebigere“ Rassen halten, was natürlich falsch gedacht war –
schließlich müssen diese Hochleistungsrassen intensiv betreut
und dazu gefüttert werden, was bei der Blauen gar nicht nötig ist.
So ließen die sowjetischen Funktionäre die Rasse aussterben oder
mit anderen Rassen verkreuzen – bald war sie fast ganz erloschen !
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Aber meinen Blauen Kuh aus Kandau geht’s wirklich gut. Sie weidet
zusammen mit Verwandten aus der zweiten lettischen Rinderrasse
– der Brauen Lettischen Kuh – auf der Weide und ist ganz sicher stolz,
so einzigartig zu sein.
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Übersetzung: Thomas W. Wyrwoll
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P.S.: Wer sich in Deutschland für baltische Haustierrrassen interessiert,
kann sich am besten an Dr. Thomas W. Wyrwoll in Frankfurt/M. wenden
– der ist Fachmann und hilft uns, die schönen alten Rassen zu erhalten !
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